Karate ist bei den olympischen Spielen in Tokyo, die auf 2021 verschoben wurden, zum ersten und vorerst auch zum letzten Mal olympisch. Uns erzählt die 26-jährige Karateka von dieser besonderen Chance ihrer Karriere und erklärt, wie es jetzt weitergeht – vom großen Traum, Disziplin und einer nie endenden Leidenschaft. 

Jasmin (26) ist seit beinahe 20 Jahren Karateka.

Sponsoo: Wie kamst Du zu der Sportart Kata? Worauf kommt es bei Kata an?

Jasmin: Meine Eltern haben früher Taekwondo gemacht und mein Papa war zudem ein riesen Bruce Lee Fan. Mit sieben Jahren wollte ich gerne mehr Sport machen, dachte dabei allerdings eher an Ballett und Tütüs als an Karate und Gürtelfarben. Als mein Papa dann eine Anzeige für Karate-Training in der Zeitung las, war er so davon begeistert, dass er mich damit angesteckt hat. Eine Woche später bin ich zum Probetraining gegangen und der Rest ist Geschichte.

Die Disziplin Kata, die ich betreibe, ist eine Kampf-Kunst. Es gilt eine festgelegte Abfolge von Techniken, genannt Kata, zu präsentieren. Dabei kommt es insbesondere auf eine korrekte Technik, Schnelligkeit, Kraft, Eleganz und Ausdruck an. Nach der Performance erhält man von 7 Kampfrichtern jeweils eine Technik- und eine Athletikwertung.


Sponsoo: Warum sollte dieses Jahr 2020 eigentlich ganz besonders für Dich werden?

Jasmin: Karate ist zum ersten Mal, und vorerst leider auch zum letzten Mal olympisch. Das bedeutet im Klartext: Jetzt oder nie. Eine einmalige Chance! Und dann auch noch nur insgesamt 10 Athleten weltweit pro Kategorie. Unsere Qualifikation begann bereits im Juni 2018 und sollte ursprünglich Mitte Mai beendet sein. Knapp zwei Jahre also, in denen wir alle 3-4 Wochen von Land zu Land und von Wettkampf zu Wettkampf gereist sind. Der Druck war enorm, die Reisen nervenaufreibend und die Spannung musste permanent hochgehalten werden. 
Da ich mich im ersten Schritt über die gesammelten Punkte der letzten 1,5 Jahre noch nicht qualifiziert habe, gab es für mich noch eine letzte Chance: Das Olympia-Qualifikations-Turnier in Paris vom 08.-10. Mai diesen Jahres. Die ganzen vergangenen 22 Monate habe ich nur an dieses Wochenende gedacht, an dem ich endlich beweisen wollte, dass ich mir mein Ticket für Tokio verdient habe. Leider kam dann ja alles anders geplant. Aber aufgeschoben ist sicher nicht aufgehoben.

Auf ihrem Instagram-Account (@minibleul) nimmt Jasmin ihre Follwer mit durch diese von Unsicherheit geprägte Zeit.

Sponsoo: Wie ging es Dir zuletzt, als die Olympischen Spiele dann final auf 2021 verschoben wurden? Hättest Du Dir eine schnellere, frühere Absage gewünscht oder hast Du Verständnis für die Art und Weise, wie sich IOC-Präsident Thomas Bach und Co. verhalten haben?

Jasmin: Die Olympischen Spiele zu verschieben war das einzig Richtige und eine logische Konsequenz. Ich hatte damit gerechnet, dass eine Verschiebung schon früher entschieden und bekannt gegeben wird, kann aber auch verstehen, dass erst einmal sehr viele Menschen alles dafür geben wollten, diese Spiele irgendwie stattfinden zu lassen. 

Eine Absage von Olympia 2020 ist ein riesiger Schritt, den man sich sicher zweimal überlegt. Letztlich war es eben keine Überraschung und die richtige Entscheidung.

Nebenbei studiert Jasmin aktuell den Masterstudiengang Medienmanagement. Das Video ist ihre Bachelorarbeit und zeigt ihren beeindruckenden Kampfesgeist.

Sponsoo: Welche Konsequenzen hatte die Verschiebung der Olympischen Spiele für Dich persönlich?

Jasmin: Die Verschiebung der Spiele hat mir persönlich zunächst nicht so zu schaffen gemacht, wie die Verschiebung des Qualifikationsturniers im Mai, da mein primäres Ziel die Qualifikation selbst ist. Lange war nicht klar, ob das Turnier überhaupt noch stattfinden soll und wenn doch: in welcher Form und wann? 

Ich hing einige Wochen in der Luft und war dementsprechend angespannt. Aber jetzt sehe ich es als Chance und denke, dass mir die Verschiebung sogar eher in die Hände spielt. In einem Jahr kann ich noch einiges aus mir rausholen, um 2021 wirklich mein Bestes zu geben. 

Auch weiß ich es zu schätzen, dass ich als Sportsoldatin der Sportfördergruppe der Bundeswehr genauso weiter gefördert werde wie bisher. Auch die Unterstützung der Deutschen Sporthilfe und der Sportstiftung Hessen laufen weiter wie gewohnt. Das nimmt enorm Druck raus und ich weiß, dass nicht jeder so viel Glück hat wie ich.

Sponsoo: Wie trainierst Du weiterhin? Wie stark schränkt Dich die Corona-Krise in Deinem Trainingsalltag ein?

Jasmin: Der absolute Vorteil meiner Sportart ist, dass man Karate wirklich überall machen kann. Klar gibt es optimalere Trainingsorte als vor dem Schlafzimmer Spiegel, aber es geht. Mit meinen Trainern habe ich meine Pläne recht schnell angepasst, sodass ich derzeit meistens draußen trainiere. 

Durch das viele Zuhause sein, war ich mehr oder weniger gezwungen auch mal andere Trainingsaspekte anzugehen, die keinen Trainingsraum erfordern und die ich sonst oft stiefmütterlich behandelt habe. Ich habe mit Neuro-Athletik angefangen und viel mit Visualisierung gearbeitet. Dazu habe ich meine Schwächen protokolliert und neue Trainingsideen für die kommenden Monate gesammelt.

Sponsoo: Glaubst Du, dass Du Dich bis zu den geplanten Olympischen Spielen in 2021 optimal vorbereiten kannst?

Jasmin: Bis zu den Olympischen Spielen 2021 sind es ja noch einige Monate. Immerhin dürfen wir Sportler an den Bundesstützpunkten wieder trainieren und auch sonst habe ich das Gefühl, dass versucht wird, uns so gut es geht durch diese Krise zu helfen und uns zu unterstützen. Da man Kata überall trainieren kann, will ich mich nicht beschweren. Andere Sportler, wie Schwimmer beispielsweise, trifft es da sicherlich härter.

Ich kann gar nicht sagen, ob es so etwas wie eine optimale Vorbereitung überhaupt gibt. Ich fokussiere mich einfach auf mein Ziel und versuche jeden Tag mit dem Gefühl ins Bett zu gehen, dass ich heute nicht mehr hätte tun können, um dieses zu erreichen. Das bedeutet optimale Vorbereitung für mich. Die Gewissheit zu haben, alles mir Mögliche getan zu haben, egal unter welchen Umständen.